Tatverdächtiger nach Schändung von Holocaust-Ausstellung in Leipzig ermittelt

Im Januar 2024 gastierte eine Ausstellung zu Holocaust-Überlebenden in Leipzig. Unbekannte hatten einige der Portraits damals geschändet. Inzwischen hat die Polizei einen Tatverdächtigen ermittelt.

Gut fünf Monate nach der Schändung mehrere Portraitfotos von Holocaust-Überlebenden in Leipzig haben Polizei und Staatsschutz einen ersten Tatverdächtigen ermittelt. Wie Sprecherin Josephin Sader am Freitag auf LVZ-Nachfrage erklärte, werden die Ermittlungen gegen einen 22-Jährigen aus Leipzig geführt.

Der Verdächtige habe durch Auswertung von Videoaufnahmen identifiziert werden können. „Die Person war uns vorher bereits wegen anderer Delikte bekannt“, so Sader. Neben Sachbeschädigung und Betrug gehören auch Fälle von Volksverhetzung zum Strafkonto des 22-Jährigen. Der aktuelle Vorwurf laute nun gemeinschädliche Sachbeschädigung. Die Behörden gehen demnach davon aus, dass der Täter genau wusste, dass er Gegenstände von öffentlicher Bedeutung beschädigt. Bei einer Verurteilung drohen ihm Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren.

Konkret soll der zum Tatzeitpunkt 21-Jährige am Nachmittag des 31. Januar 2024 zwei großflächige Portraitaufnahmen von Überlebenden des Holocaust, die im Rahmen der Ausstellung „Gegen das Vergessen“ am und im Leipziger Hauptbahnhof gezeigt wurden, mit einem – wie es im Polizeibericht heißt – „Schneidwerkzeug“ beschädigt haben. Der bislang auf freien Fuß verbliebene Beschuldigte soll in die Portraits hineingeritzt haben.

Weitere Täter noch nicht identifiziert

Der Angriff war damals bereits die zweite Schändung der Bilder innerhalb nur weniger Tage. Schon am 27. Januar, kurz nach Eröffnung der Ausstellung, waren acht der großflächigen Bilder mit viereckigen Bärten bemalt worden, die offenbar an Faschistenführer Adolf Hitler erinnern sollten. Von diesen Tätern gibt es laut Bundespolizei ebenfalls Videoaufnahmen aus dem Hauptbahnhof, allerdings konnten die Personen noch nicht identifiziert werden, so Behördensprecherin Sader am Freitag. Die Ermittlungen dauern noch an.

Noch am Tag der ersten Tat seien dann aber auch Leipzigerinnen und Leipziger gekommen, um die Schmierereien selbsständig mit Nagellackentferner wieder zu entfernen und Blumen niederzulegen, so der Fotograf und Organisator der Ausstellung, Luigi Toscano. Die am 31. Januar beschädigten Portraits wurden später durch neue Drucke ersetzt.

Zur Absicherung der Ausstellung waren im ohnehin durch Videokameras gesicherten Leipziger Hauptbahnhof auch noch zusätzliche Kameras installiert worden.

Deportationen vom Leipziger Hauptbahnhof

Die durch Europa tourende Ausstellung umfasst insgesamt 140 Aufnahmen von Jüdinnen und Juden, die der organisierten Massenvernichtung der Nationalsozialisten entgehen konnten. Zusätzlich zu den Fotos wird auf Infotafeln auch die Geschichte der Überlebenden erzählt.

Dass die Ausstellung am Leipziger Hauptbahnhof gezeigt wurde, hatte einen konkreten Grund. Zwischen 1939 und 1945 wurden über das Eisenbahnnetz der Messestadt zahlreiche Menschen in Konzentrations- und Arbeitslager deportiert. Allein aus Leipzig selbst wurden von den Nationalsozialisten etwa 1000 Menschen ins Ghetto nach Theresienstadt gebracht. Seit 2012 erinnert am ehemaligen Gleis 24 eine Installation an die Opfer.